Gersbach – die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
Von Guido Glöckner
Der Krieg war aus, vorbei – aber was kam danach? Am 20. März 1945 stellte sich für die Gersbacher Zivilbevölkerung diese entscheidende, ja lebenswichtige Frage. Versteckt, zusammengepfercht, gezeichnet von den harten Kriegsjahren, verbrachten sie ihre letzten Kriegstage in den Stollen an der alten Wehrmachtstraße, als die ersten amerikanischen Soldaten ins Dorf kamen. Das Aufeinandertreffen verlief friedlich, erinnern sich alte Gersbacher heute: Otto Schmidt und Karl Gruber waren mit einem DKW-Wagen gerade am Ortsrand, als die amerikanischen Truppen vom Hochwald nach Gersbach vorstießen. Trotz aller Verständigungsprobleme gelang es den beiden, den US-Soldaten zu erklären, dass sich die Zivilbevölkerung ausnahmslos in den Stollen befinde und sich im Dorf – angeblich – kein deutsches Militär aufhalte.
Zwei oder drei Tage mussten die Gersbacher noch in den Stollen, die von den amerikanischen Soldaten bewacht wurden, ausharren, dann durften sie in ihre Häuser zurück: Ohne Furcht zwar vor den Fliegerangriffen der Allierten, vor der Artillerie des Feindes, aber mit der Angst vor einer ungewissen Zukunft: Wie würde es nun weitergehen? Wie verhielten sich die fremden, feindlichen Soldaten? Aber trotz dieser Ungewissheit stellte sich, kaum war der Krieg vorbei, ein – fast – normales Alltagsleben ein. Gersbach hatte kaum Kriegszerstörungen erlitten, denn am 12. Juni berichtete die Gemeinde dem Landratsamt lediglich von drei zerstörten Häusern in der Talstraße 5, der Pirmasenser Straße 10 und der Feldstraße 11. Viel zu diesem eher ruhigen Alltag – natürlich war er durch die Besatzungssoldaten gekennzeichnet – in den ersten Nachkriegswochen trugen aber auch die Sorgen und Mühen um den Lebensunterhalt bei, erinnern sich heute alte Gersbacher: Selbst in den letzten Kriegstagen waren die Felder bestellt worden, und auch nach dem Kriegsende musste das Vieh versorgt und die Felder bestellt werden – schließlich war die Landwirtschaft das Kapital, um in dieser schweren und entbehrungsreichen Zeit zu überleben.
Die Not nach dem verlorenen Krieg
Aber der Schein trügt, auch die Gersbacher hatten unter den Konsequenzen des verlorenen Krieges nicht weniger zu leiden als die Pirmasenser und die Bürger all der anderen Dörfer in der Region: Im August 1945 – die Franzosen hatten die Amerikaner als Besatzungsmacht abgelöst – mussten die Waffen abgegeben und die NS-Literatur vernichtet werden, außerdem wurde das Eigentum kontrolliert. Gefunden wurden drei Pferde ungarischer und polnischer Herkunft sowie ein französisches Radio, die alle beschlagnahmt wurden. Auch die Entnazifizierung ging nicht spurlos an den Gersbachern vorbei. Ganz abgesehen von den örtlichen NSDAP-Größen, über deren Schicksal nach Kriegsende nichts bekannt ist, wurden noch am 17. April 1946 vier ehemalige Gersbacher Parteimitglieder verhaftet. Weil darunter auch der einzig verbliebene Schmied war, protestierte Bürgermeister Christian Müller gegen das Vorgehen der Franzosen, weil nun 49 Bauernhöfe im Ort in arge Not gerieten. Im Übrigen habe der Schmied nie eine Funktion in der NSDAP ausgeübt. Der einzige Lichtblick war in diesen Tagen für viele Familien die Rückkehr der ersten Kriegsgefangenen in ihr Heimatdorf.
Beherrscht waren die ersten Nachkriegsjahre besonders vom wirtschaftlichen Elend vieler Menschen, vor allem der Stadtbürger. “Manchmal standen mehr als zehn Städter vor der Tür, die etwas gegen Lebensmittel tauschen wollten”, erinnert sich Heinz Däther noch heute an jene Tage im elterlichen Bauernhof. Soweit es möglich war – die Bauern hatten so viel selbst nicht zu bieten, weil sie große Mengen an Erntegut an die Besatzer abliefern mussten – , wurde den hungernden Bittstellern geholfen. Nicht jeder aber probierte seine Schuhe, Kleider oder Einrichtungsgegenstände zu tauschen, manch einer versuchte sich auch nachts versorgen, indem er auf den Feldern die Kartoffeln stehlen wollte. Wie in vielen anderen Bauerndörfern auch mussten die Gersbacher Feldschützen aufstellen, die ihre Äcker und Wiesen bewachten. Fast bis 1948 dauerte dieser Zustand, als der “schwarze Markt” und das Tauschgeschäft blühten. Natürlich erhielten die Gersbacher selbst auch ihre Lebensmittelrationen auf Marken, die “bei´s Krauworschde unn Joase” eingetauscht wurden.
Wie in den Fünfzigern gefeiert wurde
Die Währungsreform 1948 war die Schnittstelle im Nachkriegsdeutschland, auch für die Gersbacher: In den Läden gab es wieder etwas zu kaufen, die Fabriken – auch im eigenen Dorf – arbeiteten wieder auf Hochtouren. Die harten ersten Nachkriegsjahre wurden von den “goldenen Fünfzigern” abgelöst, in denen es den Menschen nicht nur wirtschaftlich besser ging, sondern in denen sie auch wieder feierten und sich in vergnügter Runde trafen. Viele ältere Gersbacher erinnern sich noch an die tollen Tanz- und Fasnachtsveranstaltungen in der Alten Wirtschaft Sandt oder den Filmvorführungen und Theaterspielen “ins Seebalde Wertschaft”. Es ist ging damals hoch her, wenn eine auswärtige Schauspielgruppe gastierte oder ein neuer Film vorgeführt wurde, denn Fernsehgeräte gab es noch nicht: Der Tanzsaal in der Wirtschaft war immer voll. Ein ganzer Aktenordner mit Bescheinigungen über die “Anmeldung einer vergnügungssteuerlichen Veranstaltung” ist noch im Stadtarchiv zu finden, nüchterne Fakten über Erlebnisse wie das Gastspiel von Pfundtners Bauerntheater, das im Lokal Seebald “Die Rosel vom Hofbräuhaus” aufgeführt hat, oder den Auftritt von Ernst Günther Menzel aus der Pirmasenser Horebstraße, als er im Saal Zimmermann artistische Darbietungen durchführte. Natürlich waren auch die Vereine längst wieder aktiv geworden, die Kerwe wurde wieder gefeiert und der Pfingstwuack und… Selbst das Wintervergnügen der jungen Gersbacher aus dieser Zeit ist überliefert, als die Buben vor das Dorf auf “Stuppern” gingen, dort ein kleines Rinnsal – es liefert sein Wasser zum Gersbach – aufstauten und auf dem kleinen Teich dann Schlittschuh liefen.
Aber nicht nur gefeiert wurde in Gersbach, auch die Probleme und Nöte des Dorfes sollten jetzt, nachdem die schlimmen Nachkriegsjahre unter französischer Besatzung endlich vorbei waren, beseitigt werden: An vorderster Stelle stand dabei die Ortsdurchfahrt, die 1949, erstmals nach dem Kriegsende, notdürftig saniert worden ist. 1951 stritt sich die Gemeinde aber schon wieder mit dem Landratsamt über einen grundsätzlichen Ausbau der Windsberger Straße. Sie war wegen der Ortsumgehung – heute Rotmühlstraße – zur Gemeindestraße abgestuft worden, weshalb die Gersbacher die Baukosten von rund 45.000 Mark alleine aufbringen sollten. In einem Artikel der Pirmasenser Zeitung vom 28. April 1951 ist zu lesen: “An für sich möchte die Gemeinde gar zu gerne die Windsberger Straße in einen ordentlichen Zustand versetzen. Aber wo die dafür erforderlichen 45.000 DM hernehmen und nicht stehlen. Auch in diesem Falle wäre es überaus wünschenswert, wenn sich der Kreis zu einem tragbaren Kompromiss einließe, damit die Welt, die hinter Gersbach – auf Grund des verkehrswidrigen Zustandes der Windsberger Straße – gewissermaßen mit Brettern zugenagelt ist, bald wieder gefahrlos befahren werden kann.”
Der Prozess um den Faulweg
Straßen und Wege – seit dem Kriegsende bereiteten sie immer wieder den Gersbachern Probleme. Die Gemeinde beschäftigte nicht nur die Straßensanierung in der Ortsdurchfahrt, sondern auch ein Prozess wegen eines Fußpfades zwischen Gersbach und dem Erlenteich, der über die Winzler Gemarkung führte. 1946 hatte dieser jahrelange Streit begonnen, der schließlich die beiden Gemeinden Gersbach und Winzeln vor das Verwaltungsgericht führte und bis in die fünfziger Jahre andauerte: Am 1. Oktober 1946 hatte das Landratsamt Pirmasens den Pfad aufgelassen und damit seine Benutzung unter Strafe gestellt. Die beiden Gemeinden Gersbach und Windsberg protestierten am 28. Oktober des gleichen Jahres dagegen, weil der Pfad mindestens seit 70 Jahren benutzt werden und die Wegstrecke zwischen Gersbach und Pirmasens um etwa zehn bis 15 Minuten verkürze. Weil das Wegerecht bereits nach 30jähriger ständiger Benutzung einsetze, hielten die beiden Gemeinden die Verfügung des Landratsamtes für rechtswidrig.
Die Sperrung des uralten Fußweges war aber nur der erste Akt in diesem Streit, weil schon am 16. Oktober 1946 eine Magdalena Schneider, weil sie den gesperrten Weg, den Faulpfad, benutzt hatte, von der Gemeinde Winzeln angezeigt wurde. Bürgermeister Christian Müller kritisierte dieses Vorgehen ebenso wie die Entscheidung des Landratsamtes, das auf den Gersbacher Widerspruch wochenlang nicht reagiert hatte. 1948 wurde die Wegsperrung schon vor dem Bezirksverwaltungsgericht Neustadt verhandelt, wobei Gastwirt Karl Zimmermann aus Gersbach als Kläger gegen die Gemeinde Winzeln auftrat, ein Jahr später aber von der Gemeinde Gersbach abgelöst wurde. Leider ist nicht mehr nachzuvollziehen, wie der Rechtsstreit um die Wegnutzung endete.
Natürlich hatte die Gemeinde Gersbach in den fünfziger Jahren auch andere Probleme und Pläne. 1953 etwa monierte der örtliche Feuerwehrkommandant den schlechten Zustand des Feuerwehrgerätehauses, das dringend renoviert werden müsse. Daraufhin setzte eine Diskussion um eine Sanierung und einen Ausbau des Feuerwehrgerätehauses ein, selbst ein Schlauchtrockenturm, der das kleine Türmchen – es existiert heute nicht mehr – auf dem Dach des Feuerwehrdomizils ersetzen sollte, war geplant. 1956 lag sogar ein Kostenvoranschlag über 8.000 Mark für seinen Bau vor. Nachdem heute kein solcher Feuerwehrturm zu sehen ist, müssen die Pläne jedoch gescheitert sein.
Gersbach bekommt eine Gendarmeriestation
Verwirklicht wurde, auch wenn sie inzwischen längst schon wieder Geschichte ist, jedoch eine Gendarmeriestation in Gersbach. Am 11. März 1954 hat der Gemeinderat mit neun gegen eine Stimme beschlossen, das Gendarmeriegebäude zu bauen, am 22. November des gleichen Jahres wurden die Pläne und eine Darlehensaufnahme für den Neubau genehmigt und schon 1955 stand das örtliche Polizeigebäude. Stationiert wurden darin zwei Gendarme, die den Polizeibezirk Winzeln, Gersbach, Windsberg und Nünschweiler zu betreuen hatten. In dem Gebäude, das noch heute an der Ecke Rotmühlstraße/Am alten Friedhof steht, wurden neben den Diensträumen auch zwei Wohnungen für die Polizeibeamten eingerichtet. Schon 1957 wurde die Polizeistation ausgebaut. Bis zum 31. Dezember 1970 bestand die Gersbacher Gendarmeriestation, die übrigens schon mehrere Monate vor der Fertigstellung des Dienstgebäudes in anderen Räumen ihre Arbeit aufgenommen hatte.
1955 wurde auch ein Projekt begonnen, das die Gersbacher 13 Jahre lang beschäftigen sollte, bevor es endgültig realisiert war: der Kirchenneubau. Jahrelang war um ein passendes Grundstück gestritten worden, bevor 1966 die Grundsteinlegung stattfand und zwei Jahre später die Gersbacher Protestanten in ihre neue Kirche einziehen durften. Schließlich hatten es 1959 die Bürger noch mit einer Neuerung zu tun, die damals sicher weniger, heute umso mehr im Blickpunkt des öffentlichen Interesses steht: In diesem Jahr wurde die Müllabfuhr eingeführt. Weil sie jedoch auf einer freiwilligen Beteiligung basierte, befürchtete ein Gersbacher Bürger in einem Schreiben an die Gemeinde, dass die Bevölkerung wie bisher den Abfall auf die Straße schütten und sich nicht an der Müllentleerung durch die Gemeinde beteiligen würde.
1959 wurde aber auch die “Siedlung” gebaut. In den Häusern dieses Ortsteils, der neben der Rotmühlstraße gegen Winzeln zu entstand, fanden Flüchtlingsfamlien aus den früheren deutschen Ostgebieten – sie bekamen die von einer Baufirma erstellten Häuser zugewiesen – ein neues Zuhause. Übrigens, dieses Zuhause haben sie längst auch in Gersbach gefunden, wo sie nach vielen Jahren längst in das Dorf integriert sind.
Schon in den fünfziger Jahren begann auch die Flurbereinigung die Gersbacher zu beschäftigen: Weil zu dieser Zeit das Dorf noch stark von der Landwirtschaft geprägt war, sorgte die geplante Neuordnung der Felder, Äcker und Wiesen für viele Diskussionen. Schließlich bildete sich aus der landbesitzenden Bevölkerung – etwa 300 Grundstücksbesitzer gab es damals außerhalb des Ortsbereiches – aber eine Teilnehmergemeinschaft, die vom Kulturamt Kaiserslautern die Flurbereinigung durchführen ließ: 1966/67 erfolgte die Zuteilung der neuen Flurstücke.
“Bauboom” in den sechziger Jahren
Die sechziger Jahre dürfen den Gersbachern als ereignisreiche, zukunftsorientierte Jahre in Erinnerung bleiben. In diesem Jahrzehnt entwickelte sich Gersbach wie noch nie zuvor, nachdem ein regelrechter “Bauboom” eingesetzt hatte. Anzufangen ist zunächst einmal mit der Schulerweiterung. Am 10. Juni 1961 wurde der heute noch bestehende Anbau der 1901 errichtete Gersbacher Schule eingeweiht. Ein Jahr später war auch das neue Lehrerdienstgebäude, in dem die Lehrkräfte wohnten, fertiggestellt. Das zweite große Bauprojekt des Jahrzehnts war die protestantische Kirche, die – wie schon erwähnt – im Jahr 1968 eingeweiht wurde.
Weniger spektakulär war der Straßenbau, der in den sechziger Jahren wirklich intensiv vorangetrieben wurde. Schon 1962 wurde die Ortsdurchfahrt in der Windsberger Straße kanalisiert und saniert, ein Jahr später, ebenfalls in der Ortsdurchfahrt, die Pirmasenser Straße ausgebaut. Im gleichen Jahr stand auch die Müllerstraße zur Instandsetzung an und 1964 sind die Feld-, Wald, Goethe- und Schillerstraße für zusammen knapp 150.000 Mark ausgebaut worden. Im gleichen Jahr ist auch die Kläranlage am Talweg gebaut worden.
Großbrände in Bauernhöfen
Für Aufregung im Dorf sorgten in den Sechzigern auch zwei Großbrände auf Bauernhöfen. Am Kerwesonntag, 24. September 1961, wurden mehrere Scheunen und Stallungen in den landwirtschaftlichen Betrieben Brendel und Krebs ein Opfer der Flammen. Gegen 4.30 Uhr am Sonntagmorgen war bei Ludwig Brendel in der Pirmasenser Straße in einem offenen Heu- und Strohschuppen das Feuer aufgebrochen, das von der Frau des Bäckermeisters Müller vom Nachbarhaus aus entdeckt wurde. Weil es im Heu, Stroh und den dort ebenfalls gelagerten Erntevorräten reichlich Nahrung fand, breitete es sich rasch aus und griff auf den Nachbarhof über. Die Gersbacher Feuerwehr, die von der Frau alarmiert worden war, konnte aber nicht mehr verhindern, dass die Wirtschaftsgebäude beider Bauernhöfe bis auf die Grundmauern niederbrannten. Die Feuerwehr – inzwischen waren auch Löschzüge aus Pirmasens, Lemberg und von den US-Streitkräften zur Unterstützung angekommen – konnte lediglich verhindern, dass die Wohngebäude vom Feuer erfasst wurden.
Menschen kamen nicht zu Schaden, auch Kühe, Kälber und Schweine konnten vor dem verheerenden Feuer gerettet werden, lediglich einige Hühner verendeten in den Flammen. Während Friedrich Krebs noch viele Maschinen retten konnte, verlor sein Nachbar Ludwig Brendel alle Geräte. 100.000 Mark – 60.000 Mark bei Ludwig Brendel und 40.000 Mark bei Friedrich Krebs – betrug der durch das Feuer entstandene Schaden. Die Gendarmerie vermutete nach ihren Ermittlungen, dass der Großbrand durch eine fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung entstanden ist, die in Zusammenhang mit der Kerwe und ihren Auswirkungen stehe.
Vier Jahre später wütete noch einmal eine Feuersbrunst in einem landwirtschaftlichen Betrieb: Am 7. Juli 1965 brannten Scheuer und Stallung auf dem Bauernhof von Willi Schmidt ab. 20 Schweine und etwa acht Jungrinder verbrannten, der gesamte moderne Maschinenpark des Landwirts wurde zerstört. Der Schaden wurde auf mehrere hunderttausend Mark geschätzt. Gegen 21.45 Uhr hatte sich an diesem Mittwochabend vermutlich Heu in den beiden Gebäuden – 60 Wagenladungen waren darin gelagert – selbst entzündet. Willi Schmidt, sein Sohn und herbeigeeilte Nachbarn hatten noch das Großvieh, 32 Kühe und 20 Schweine, befreien können. Kein ungefährliches Unterfangen, wie ein Zeitungsbericht der Pirmasenser Zeitung vom 8. Juli beweist: “Der Gersbacher Landwirt Heinz Däther, der zur Hilfeleistung herbeigeeilt war, hatte Glück im Unglück. Er wollte den Traktor, dessen Reifen bereits brannten, noch ins Freie fahren, als ihn die ersten funkensprühenden Balken, die von der Decke der Scheune stürzten, an der Schulter trafen. Heinz Däther zur PZ: `Wann mich de Bohle Fritz net runnergeriß hett, det ich jetzt do drinn leie, so dot wie die Wutze.` “ Die Gersbacher Feuerwehr, die von ihren Kollegen aus Pirmasens, Winzeln, Nünschweiler und der US-Army unterstützt wurde, hatte alle Hände voll zu tun, um eine Ausbreitung des Feuers zu verhindern. Zwar war es gelungen, das angrenzende Wohngebäude der Familie Appel zu retten, aber Willi Schmidts Stall und Scheune brannten vollkommen nieder.
Der entscheidende Tag: Eingemeindung nach Pirmasens am 10. April 1972
Genau am 10. April 1972 fand das wohl bedeutendste Ereignis der Nachkriegszeit für die Gersbacher statt: An diesem Tag unterzeichnete Ortsbürgermeister Armin Bähr die Urkunde, mit der das Dorf in die Stadt Pirmasens eingemeindet wurde (gleichzeitig kam auch Windsberg zur Stadt Pirmasens). Zuvor hatte der Gemeinderat des damals 1.450 Einwohner zählenden Dorfes den Eingemeindungsvertrag einstimmig gebilligt. In dem im Pirmasenser Rathaus unterzeichneten Dokument war festgelegt, dass die Stadt in ihrem neuen Vorort bis 1986 3,5 Millionen Mark investieren soll. Damit sollten in erster Linie die Ortsdurchfahrt mit Bürgersteig und Beleuchtung ausgebaut, die Wasserläufe befestigt und die offene Kläranlage am Ortseingang beseitigt werden. Zusätzlich sollte ein beleuchteter Gehweg zwischen Gersbach und Winzeln eingerichtet werden. Die Stadt versprach auch, sich zu bemühen, dass beim Autobahnbau zwischen Gersbach und der Stadt eine direkte Straßenverbindung zum Stadtkern geschaffen wird. Letztendlich verpflichtete sich die Stadt im Paragraphen zehn, Absatz drei, des sogenannten “Auseinandersetzungsvertrages” zwischen Pirmasens und Gersbach, zu überprüfen, ob ein Schwimmbad oder eine Mehrzweckhalle in dem neuen Vorort realisiert werden kann.
Was hat sich aber nun unter städtischer Regie in den siebziger Jahren in Gersbach wirklich getan? An erster Stelle ist der städtische Kindergarten zu nennen, dessen Bau noch 1971 vom früheren Gemeinderat beschlossen worden war und – der Eingemeindungsvertrag verlangte es – von der Stadt Pirmasens realisiert werden musste. Am 20. August 1973 wurde mit dem Bau der dreigruppigen Kindertagesstätte begonnen, fast genau ein Jahr später, am 30. August 1974, war sie fertig. 750.000 Mark hatte damals der Kindergarten gekostet. Knapp die Hälfte der Bausumme verschlang 17 Jahre später die bisher größte Sanierungsmaßnahme an dem Gebäude, die Aufbringung eines Satteldaches, mit 348.000 Mark. Übrigens, schon 1976 investierte die Stadt Pirmasens wieder in die Kinder des Vorortes Gersbach: Für rund 95.000 Mark wurde gegenüber dem Kindergarten ein Spielplatz angelegt.
Weiterentwicklung durch neue Baugebiete
Aber auch die Weiterentwicklung des Stadtteils Pirmasens-Gersbach ließ sich die Stadt in den siebziger Jahren einiges kosten: Vom 14. April 1972 bis 4. Juni 1973 wurde das Industriegebiet “Hooriger Wald” für 226.000 Mark erschlossen, auf dem sich inzwischen schon seit Jahren mehrere Gewerbe- und Industriebetriebe angesiedelt haben. Gleichzeitig wurde auch mit dem Neubaugebiet “Hooriger Wald” begonnen, dessen Erschließung für rund 594.000 Mark bis 14. Oktober 1975 dauerte. In den dabei entstandenen Straßen “Am neuen Ring”, “Am Schützenstück”, Kindergarten- und Christian-Müller-Straße waren neue Bauplätze geschaffen worden, die inzwischen jedoch längst bebaut sind. In der Jakob-Sandt-, Felsalb- und Moosalbstraße wurden von September 1978 bis Juni 1979 die Bürgersteige für rund 70.000 Mark erneuert. Nicht zuletzt ist ein neuer Friedhof geschaffen worden, der 1972 fertiggestellt war. Aber auch eine schlimme Entwicklung setzte in diesen Jahren ein: Die Schuhindustrie, das wirtschaftliche Standbein des neuen Vorortes, geriet immer mehr in Bedrängnis, bis auch in Gersbach Betriebsschließungen unvermeidbar waren.
Mit einem zukunftsweisenden Projekt begannen in Gersbach die achtziger Jahre: Vom 12. Mai bis 5. November 1980 wurde das Neubaugebiet “Im Birkloch I” für 364.000 Mark erschlossen. Wieder konnte durch die neu entstandenen Bauplätze der Vorort wachsen. Wenig hat sich allerdings in den folgenden Jahren bewegt, zumindest für das Auge waren die “Achtziger” durch Stillstand geprägt. Erst ausgangs dieses Jahrzehnts hat sich zumindest unter der Erde etwas getan, denn 1987 wurde für 1,43 Millionen Mark in den Straßen “Am Matzenberg”, “Am Kohlberg” und im Westring der Kanal erneuert, zwei Jahre später für 379.000 Mark im Bereich Westring/”Im Birkloch”. Zwischen dem neuen Friedhof und dem Sportplatz wurde durch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme im Frühjahr 1989 für 55.000 Mark eine Wegverbindung angelegt.
Vorbereitung für die Großprojekte der neunziger Jahre
Die achtziger Jahre dienten aber auch dazu, die Projekte der neunziger Jahre auf den Weg zu bringen. 1983 wurden die Bemühungen um die Mehrzweckhalle – sie wird 1996 eingeweiht – mit der Gründung der Fördergemeinschaft gestartet, in deren Folge auch ein Dorffest ins Leben gerufen wurde, das heute als Straßenfest weiter existiert und inzwischen viele Besucher am ersten Augustwochenende in die Straßen am Matzenberg lockt: ein Ereignis nicht nur für die Gäste, sondern auch für die Gersbacher, die sich in Vereinen und Privatinitiativen bei diesem Fest wieder als Dorfgemeinschaft zeigen. Aber auch das Neubaugebiet “Im Birkloch II”, das vom 11. September 1991 bis 27. Mai 1992 für 967.000 Mark erschlossen wurde, ist schon in den achtziger Jahren geplant worden.
Voller Elan und Aktivitäten scheinen nun wieder die neunziger Jahre zu sein. Nicht nur ein neues Baugebiet und eine Mehrzweckhalle sind entstanden, Gersbach hat auch seine eigene Ampel bekommen: Im Mai 1992 wurde die Fußgängerampel in der Rotmühlstraße vom damaligen Oberbürgermeister Karl Rheinwalt erstmals benutzt. Dieser “Einweihung” vorausgegangen war die Installation der Ampel für 100.000 Mark, die den Fußgängern auf ihrem Weg zum Friedhof und den angrenzenden Spazierwegen mehr Sicherheit gibt. Aber längst ist der neue Elan nicht erloschen, schon hat der Ortsbeirat 1995 neue Pläne geschmiedet: Nicht zuletzt steht wieder der Ausbau der Ortsdurchfahrt zur Diskussion.