Kapitel 06 – Schule in Gersbach

Kapitel 06

 

Schule in Gersbach

 

Von Guido Glöckner

 

Ursprung der schulischen Bildung in unserer Heimatregion ist die Klosterschule der Benediktiner, von deren Existenz im Lebenslauf des Abtes Adalbero, der 972 bis 1002 dem Kloster vorstand, berichtet wird: Sie stand zunächst den Söhnen des Adels offen, später auch den begabtesten Söhnen der Bewohner der Hornbacher Klosterhöfe und den dazugehörenden Pfarrsprengeln. Es dürfte sich dabei um die einzige Schule in der Region gehandelt haben, da die Pflege von Wissenschaft und Bildung über Jahrhunderte allein Aufgabe der Klöster war. Das einfache Volk auf dem Lande war von der Bildung weitgehend ausgeschlossen: Kaum jemand war des Lesens und Schreibens mächtig, lediglich durch den Kirchgang und den Gedankenaustausch im Dorf konnte etwas “hinzugelernt” werden.

 

Erst ab dem ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert änderte sich das Bildungswesen, beeinflusst von Reformation und Aufklärung, jedoch immer noch geprägt durch die Kirche. Lesen und Schreiben sollten die Schüler befähigen, die Bibel lesen zu können. In der Kirchenordnung des Zweibrücker Herzogs Wolfgang von 1557 ist auf Seite 57 daher zu lesen: “…denn dieses ist gewißlich Gottes Wille, daß etliche Leute also auferzogen und unterwiesen werden, daß sie der Propheten und Apostel Schrift lesen lernen und hernach werden fürlesen können, dazu Verstand der Sprache und mer Künste dienen, wie Paulus Thimotheo gebeut. Es soll anhalten mit lesen, lehren und trösten, doch kan nit sage, wo nicht rechte bestelte Schulen sind.” Auch aus dem Amt Lichtenberg wird der Beweis geliefert, daß die Schule zunächst als Bestandteil der Kirche anzusehen ist. In dem Bericht einer Kirchenvisitation vom 22. September 1572 heißt es: “Der Glöckner soll Schul halten gegen eine Abgabe von jedem Kind; will und kann er nicht, dann der Pfarrer, oder, da sie selbst auf einen Schulmeister dringen, soll der Landschreiber sehen, ob nicht die Begüterten soviel zur Schul stiften wollen, daß ein Schulmeister könnte besoldet werden; dann möchte sie einen annehmen, doch daß er bei der Kanzlei examiniert und approbiert werde…”

 

Einen jähen Einschnitt in die Entwicklung der ersten kleinen Dorfschulen machte der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648), in dem mit vielen Orten auch ihre Schulen untergingen. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden neue Schulen, immer noch durch die Kirche bestimmt, wobei sie sich allmählich von dem kirchlichen Einfluß löste, indem Gemeindeschulen entstanden. Allerdings konnte die Kirche bis in das 20. Jahrhundert ihre Einflußnahme auf die schulische Bildung erhalten, denn selbst nach dem ersten Weltkrieg bestand unter bayerischer Regierung in der Pfalz der Bezirksschulrat noch überwiegend aus Pfarrern. Aber zurück zu den Anfängen der allgemeinen Schulen, die jedenfalls schon im Jahr 1659 im Amt Lemberg in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg existierten, sonst hätte Graf Friedrich Casimir in diesem Jahr nicht die aus 18 Artikeln bestehende “Hanauische Schulordnung” erlassen, die bis in die französische Zeit für das Hanau-Lichtenbergische Herrschaftsgebiet Gültigkeit hatte. Pfarrer Harteneck von Pirmasens klagte noch im Jahr 1792: “Unsere Schulen sind in hiesiger Gegend erbärmlich gestellt, dem ungeachtet wir eine Hanauische Schulordnung haben, so ist doch nie darauf Rücksicht genommen worden und die Leute haben stets nach Willkür gehandelt.”

 

Die “Hanauische Schulordnung” selbst, von einem Geistlichen (!) für das Gymnasium in Buchsweiler und “ins gemein allen anderen Schulen in der Herrschaft” verfaßt, beschäftigte sich in 18 Artikeln mit dem äußeren Schulbetrieb. Das erste Kapitel bestimmt die Pfarrer zu Scholarchen und Inspektoren, und wo keine “Special-Amptleute vorhanden, auch die Amtschaffner, Schultheißen oder Burgermeister und Kirchenschaffner” als Aufsichtspersonen. Gleich im zweiten Artikel verpflichtet die Schulordnung die “Praeceptores” und auch Pfarrer und Diacone, die Schule halten, zur äußersten Pflichterfüllung gegenüber ihren Schülern, als “Discipulen” bezeichnet.

 

Die Winterschule beim Schuldiener

 

Wie aber sahen diese Volksschulen aus, wie könnte eine Gersbacher Schule im 17. Jahrhundert beschrieben werden? Eines ist jedenfalls sicher, schon Ausgang des 17. Jahrhunderts wurden in Gersbach die Kinder unterrichtet, wofür die Existenz des Schuldieners Johann Jacob Geblet, der von 1640 bis 1718 lebte, einen eindeutigen Beweis liefert. Auch für Gersbach muss Gültigkeit haben, was für andere Landgemeinden galt: In den einfachen Bauerndörfern existierten nur “Winterschulen”, in denen die Kinder im Winterhalbjahr unterrichtet wurden, während sie in der warmen Jahreszeit in der Landwirtschaft der Eltern mithalfen.

 

Oft waren es die Viehhirten, die in der kalten Jahreszeit diese Aufgaben übernahmen und im Sommer das Vieh hüteten, nicht selten besser bezahlt als für die Unterrichtung als “Winterschulmeister”. Gerade für Gersbach ist anzunehmen, dass ein solcher Schulmeister angestellt wurde, weil die zweite damals mögliche Form der Schule, bei der der Schulmeister gleichzeitig Kirchendiener war, mangels einer eigenen Gersbacher Dorfkirche nicht in Betracht kommt. Stattgefunden hat der Unterricht im 17. und 18. Jahrhundert wohl in einem Schulsaal in einem Bauernhaus im Dorf, später vielleicht auch in einer “Schulschdubb” in einem Gemeindehaus. Erst 1834 wurde die erste richtige Gersbacher Schule, der spätere “alte Betsaal”, auf dem Dorfplatz gebaut. Für den Nachbarort Windsberg ist eine solche Winterschule mit einem Unterrichtsraum in einem Bauernhof detailliert belegt, so daß angesichts der ähnlichen Gersbacher Verhältnisse ein gleichartiges Schulwesen eingerichtet sein musste.

 

Aus dem 18. Jahrhundert gibt es durch die im Sippenbuch aufgeführten Berufsbezeichnungen zwar den Beweis, daß in Gersbach Schule gehalten wurde, aber über die näheren Arbeits- und Unterrichtsumstände ist nichts bekannt: Fragen nach der Entlohnung – In Münzen? In Naturalien? Gab es einen Schulacker? Wie wurde das Schulgeld aufgetrieben? – bleiben offen, auch nach dem Lehrstoff, der Dauer des Schulbesuchs, dem Leben des Lehrers und manch anderem. Hier die Liste der Gersbacher Schuldiener und Schulmeister aus dem 18. Jahrhundert:

 

1640 – 1718              Johann Jacob Geblet, bisheriger Schuldiener Gersbach

um 1707                    Johann Wagner (lutherisch)

1720 – 1727              Daniel Storck

um 1723                    Johann Storck (lutherisch)

1724 – 1740              Johann Scheller (lutherisch)

1740 – 1761              Johann Buchleidner, evangelischer Schuldiener Burgalben/Gersbach

 

Besoldungsholz für Lehrer Georg Roos

 

Wieder bleibt eine Lücke von fast 60 Jahren, bis die Gersbacher Ortsgeschichte neue Aufschlüsse über das Schulwesen im Dorf gibt. Alte Rechnungsbücher, die ersten noch aus der Franzosenzeit, die folgenden aus bayerischer Herrschaft, liefern nicht nur trockenes Zahlenmaterial, sondern auch einige detaillierte Informationen über den Schullehrer, seinen Lohn, seine Lebensumstände. 1819 beziffert sich nach einem Rechnungsbuch der Schullehrersold auf elf Gulden und 28 Kreutzer im Jahr, ein Beweis für Schulunterricht in Gersbach in dieser Zeit. Ein Jahr später, 1820, offenbart das Rechnungsbuch sogar den Namen des Lehrers: Georg Roos. Er hat eine Quittung unterschrieben, in der er den Erhalt seines “Besoldungsholzes” bestätigt. Roos unterrichtete bis zu seinem Tod 1834 die Gersbacher Kinder. Seine Erben erhielten drei Gulden, acht Kreuzer rückwirkend für den im Todesjahr gehaltenen Unterricht.

 

In allen Rechnungsbüchern dieser Jahre nimmt die Finanzierung, Auslieferung und Bezahlung dieses Holzlegats, das dem Schullehrer zustand, breiten Raum ein. In jedem Jahr wurde der Auftrag, dieses Holz für ein Jahr “vor die Thürn zu liefern” (Urkunde vom 17. November 1821), erneut vergeben. 1820 machte Jacob Ziliox, Ackersmann zu Gersbach, das günstigste Angebot für 44 Gulden. Finanziert wurde das Besoldungsholz durch die Gersbacher Bürger, deren Kinder unterrichtet wurden. Jeder mußte seinen Beitrag leisten, wobei auch die Höhe genau festgelegt war. So ist 1821 in einer Urkunde zu lesen: “…daß jeder Bürger, der auch sein Kind in die Schule schückt, doch für ein Kind bezahlen muß und die Wittber für ein halbes.”

 

Gersbacher Schulstube vor 1834

 

Auch über die Schule selbst liefern die Rechnungsbücher aus den zwanziger und dreißiger Jahren entscheidende Informationen. Belegt wird durch die Eintragungen der damaligen Gemeindeführung zunächst einmal, dass schon vor dem Schulbau 1834 in Gersbach eine Schule bestanden hat. Schon 1816 ist in einem solchen Rechnungsbuch zu lesen, daß 74 Gulden, elf Kreuzer, für die am örtlichen Schulhaus zu machenden Reparaturen veranschlagt sind. Nur sechs Jahre später waren wieder kleinere Arbeiten am Gersbacher Schulhaus fällig, wobei Adjunkt Jakob Ziliox die drei Gulden für die Reparatur des “protestantischen Schulhauses” Gersbach vorstreckte. Und sogar nur vier Jahre später ist wieder von einer Gersbacher Schule zu lesen: “Ausgabe von sechs Gulden, zwanzig sieben Kreuzer,an Adjunct Däther für gemachte Vorlage bei Reparierung des Schulhauses laut genehmigter Certifikation und Quittung.”

 

Über den Standort dieser Schule werden in den Rechnungsbüchern keine näheren Angaben gemacht, aber anhand einiger anderer Bemerkungen in einigen Dokumenten aus dieser Zeit ist eine Hypothese möglich: 1832 hat die Gemeinde Gersbach 117 Gulden, elf Kreuzer, für das Umgießen der Gemeindeglocke ausgegeben, so dass zu dieser Zeit das Dorf also auch einen Glockenturm gehabt haben muss. Als zwei Jahre später Heinrich Däther einige Quadratmeter Gelände für den Schulhausbau abtrat, ist im Kaufvertrag nicht von einem Neubau, sondern von einer “Vergrößerung” der Gersbacher Schule die Rede. Schließlich wird während des Schulbaues von 1. April bis 11. November 1834 beim Ackersmann Peter Weber ein Zimmer als Schulstube und ein weiterer Raum als Lehrerwohnung von der Gemeinde für zwölf Gulden angemietet. Auch sind in jedem Jahr im Rechnungsbuch einige Gulden für die Unterhaltung eines Gemeindehauses veranschlagt. Alle diese urkundlich belegten Vorgänge führen zu der Schlussfolgerung, dass auf dem Platz des späteren Betsaals bis 1834 ein Gemeindehaus mit einem Glockenturm gestanden hat, in dem auch eine Schulstube eingerichtet war, die vergrößert wurde, weshalb dann auch die Notunterkunft für die Schule während der Bauzeit gebraucht wurde.

 

1918 Gulden für die Schule am Dorfplatz

 

Von Vermutungen aber zurück zu Tatsachen: 1834 wird eine Schule gebaut, über deren Standort und Größe keine Rätsel mehr aufkommen, der heutige “alte Betsaal”. 1918 Gulden ließ sich die Gemeinde die neue Schule kosten, die zum Jahresende fertiggestellt sein mußte. Nachdem aus dem Jahr 1834 Angebote und Rechnungen über viele Handwerkerarbeiten vorliegen, existiert auch noch 1835 ein Rechnungsbucheintrag über 24 Gulden für Tische und Bänke der Schule, die wohl im November oder Dezember des vorhergehenden Jahres geliefert worden waren.

 

67 Jahre wurden in der kleinen Schule mit ihrem markanten Glockenturm die Gersbacher Schüler unterrichtet, wobei wohl nur zwei Lehrer überhaupt in ihr tätig waren. Kurz nach dem Tod von Georg Roos ist Schullehrer Friedrich Schäfer erstmals erwähnt, als er 1838 eine Gehaltszahlung von sieben Gulden, 48 Kreuzer, erhielt. 1863 ging Schaefer in den Ruhestand. Am 7. November dieses Jahres versetzte die Bayerische Regierung der Pfalz, Kammer des Innern, den protestantischen Schullehrer “auf Grund nachgewiesener Dienstunfähigkeit” zum 1. Dezember 1863 in bleibenden Ruhestand. 350 Mark betrug seine Pension, die aus der Schullehrerpensionskasse und einem Staatsfond finanziert wurde.

 

“Interimistische Verwesung” der Schulstelle

 

Mit dem Ausscheiden Schaefers begann eine problematische, sechs Jahre andauernde Übergangsphase, in der sich “interimistische Verweser” der Lehrerstelle, sozusagen Aushilfslehrer, die Klinke der Gersbacher Schulpforte in die Hand gaben. Valentin Merk von Imsweiler war gerade zwölf Tage an der Schule, dann wurde er schon von Friedrich Budert aus Frankweiler abgelöst. Wieviele dieser Aushilfen in den sechs Jahren, bis der nächste festangestellte Schullehrer verpflichtet wurde, in Gersbach den Unterricht aufrecht erhielten, ist nicht nachvollziehbar. Lediglich ein Friedrich Buchert aus Siebeldingen, der am 1. Februar 1866 als Schulverweser nach Gersbach kam, ist noch bekannt.

 

1869 hatte diese Notlösung, nun schon sechs Jahre andauernd, ein Ende: Am 23. Januar bewarb sich Carl Royar aus Kleinsteinhausen – er unterrichtete in diesem Ort seit Dezember 1866 – um die protestantische Schullehrerstelle in Gersbach bei der Ortsschulkommission. Schon am 21. Februar wurde er von der Bayerischen Regierung der Pfalz ernannt und am 27. März in Gersbach vereidigt. Neben Royars Bewerbung liegt im Pirmasenser Stadtarchiv auch eine Beeidigungsurkunde vor:

 

“Heute, den 27. März 1869, erschien der durch Beschließung der bayerischen Regierung der Pfalz, Kammer des Inneren, vom 21. Februar d. J. als protest. Schullehrer zu Gersbach ernannte Carl Royar vor dem Bürgermeister Jakob Weber zu Gersbach und leistete nach vorgängiger Belehrung folgenden Eid.

 

“Ich schwöre Treue dem Könige, Gehorsam dem Gesetze und Beachtung der Staatsverfassung. Ich schwöre die mir als Lehrer obliegenden Pflichten zu erfüllen und mich genau nach den bestehenden oder noch zu erlassenden Schulordnungen zu benehmen.

 

Zugleich bekräftige ich bei meinem abgelegten Diensteseid, daß ich keinem Verein dessen Bildung dem Staate nicht angezeigt ist, angehöre, noch je angehören werde, dann daß ich in keinem Verband mit eine Verein verbleiben werde, und dessen Schließung von der zuständigen Polizeistelle und Behörde verfügt worden ist, oder von welchen mir die Theilnahme in Gewährheit der jeweils bestehenden Disziplinarvorschriften untersagt sein wird.”

 

Darüber wird gegenwärtig Protokoll errichtet und nach Vorlesung von dem Beeidigten sowie dem Bürgermeister unterschrieben. Royar”

 

Aus Royars Dienstzeit existiert auch noch ein Vormerkbuch, in dem Schulversäumnisse der Kinder und die Strafen für ihre Eltern, die durch die örtliche Schulkommission festgesetzt wurden, für die Jahre 1880 bis 1892 aufnotiert wurden. Carl Royar war der zweite und zugleich letzte Lehrer, der noch in der alten Schule am Dorfplatz unterrichtete, er war aber auch noch in Gersbach Lehrer, als 1901 ein größeres Schulhaus – gleichzeitig Gemeindehaus – auf dem “Neuhof” eingeweiht und bezogen wurde. Dokumente aus den Jahren 1902 und 1903 – ein Zeugnis und ein Klassenbild – beweisen, dass Royar auch in der neuen Schule unterrichtete. Sie befand sich, wird die damalige Ortsgröße in Betracht gezogen, am Ortsrand im Oberdorf, wo sie auch heute noch an der Ecke Windsberger/Sangstraße existiert, immer noch in ihrer Doppelfunktion als Unterrichts- und Verwaltungsgebäude, nachdem bis zur Einweihung der Mehrzweckhalle Ortsvorsteher und Ortsbeirat in diesem Schulhaus ihr Domizil haben.

 

Viele Jahre, sogar Jahrzehnte gibt es kaum etwas über die neue Gersbacher Schule zu lesen, erst im Dritten Reich werden wieder Details aus dem Schulgeschehen bekannt. Am 6. April 1937 hat die Regierung der Pfalz der Bezirksschulbehörde Pirmasens mitgeteilt, dass einem Antrag des Gersbacher Bürgermeisters stattgegeben und das achte Schuljahr in Gersbach mit dem Schuljahr 1937/38 eingeführt wird. Gleichzeitig ist die “Hauptschulpflicht” in der Gemeinde auf acht Schuljahre ausgedehnt worden. Über die Ausstattung der Schule in jener Zeit gibt eine Aufstellung Aufschluss, die nach der Rückkehr aus der Evakuierung am 23. Juni 1941 über verlorengegangene oder beschädigte Schulutensilien angefertigt worden ist: Luftgewehr, Regenmesser, Elektrotechnik-Baukasten, Lesekästen, Plastilin und Märchenbilder sind ebenso aufgeführt wie der zweibändige Duden, “Die Trommel – SA-Gedichte”, beschädigte Schulbänke und die zerstörte Schulbühne.

 

Lehrer Geilings Not im Dritten Reich

 

Ein sicher interessantes Zeitdokument über das Schulgeschehen in Gersbach unter der nationalsozialistischen Diktatur stellt ein Schreiben vom 9. November 1945, in dem der erste Nachkriegsbürgermeister Julius Weber einen möglichst raschen Schulbeginn nach dem Krieg fordert, dar. Er geht in seinem Brief an das Landratsamt Pirmasens auch auf die politische Gesinnung des früheren Lehrers Bernhard Geiling ein, der nach dem Krieg noch nicht wieder unterrichten durfte. Webers Bericht über die Leidensgeschichte Geilings im Dritten Reich: “Ich arbeitete schon vor 1933 als 1. Bürgermeister mit dem Lehrer Geiling zusammen und kenne seine politische Einstellung. Nach dem 30. Januar 1933 musste ich wiederholt die Gendarmerie abweisen, die im Auftrage des Ortsgruppenleiters geschickt war. Man wollte den Lehrer aus dem Dorfe entfernen. Schließlich musste er dem Drucke der Ortsdiktatoren nachgeben und in die Partei 1941 eintreten. Trotzdem ging der Druck weiter, indem der Sohn des Lehrers vor Kriegsende acht Wochen lang keine Lebensmittelmarken erhielt, weil er sich dem HJ-Einsatz entzog und dem Lehrer selbst wurden im März 1945 vom Bürgermeister die Marken verweigert. Schließlich wollte man den ausgemusterten Lehrer in den letzten Tagen zum Heere einziehen. Aus allem dürfte ersichtlich sein, daß der Lehrer nur aus Not 1941 der Partei beitrat und wir bitten Sie deshalb, den Unterrichtsbeginn anzuordnen.”

Nun, die Gersbacher Kinder erhielten bald danach wieder Unterricht, auch von Lehrer Bernhard Geiling.

 

Mehr als ein Jahrzehnt war es ruhig um die Gersbacher Schule, bevor Ende der fünfziger Jahre eine Erweiterung der 1901 gebauten Schule ins Gespräch kam. Schon 1961 wurde der Schulanbau eingeweiht, im gleichen Jahr wurde aber auch ein weiteres Anliegen der Schule diskutiert. Weil der Weg zum Sportplatz für die Schüler zu weit sei, forderte sie eine Spiel- und Turnwiese in Schulnähe einzurichten. Diese Idee wurde jedoch nie verwirklicht, weil der Gemeinderat am 6. Dezember entschied, dass der Sportplatz auch weiterhin von der Schule genutzt werden soll. Die erweiterte Schule hatte übrigens zusätzliche Investitionen nach sich gezogen, denn für das Lehrpersonal mussten Lehrerdienstwohnungen gebaut werden. Am 22. Juni 1961 war Baubeginn am Lehrerdienstgebäude in der Müllerstraße 1. Im März 1962 waren die beiden Dienstwohnungen, die in dem 85.000 Mark teuren Haus entstanden waren, schon fertiggestellt.

 

Von der Volksschule zur Grundschule

 

Die Eingemeindung Gersbachs in die Stadt Pirmasens hatte auch für die örtliche Schule weitreichende Konsequenzen, indem sie nacheinander mit den Grundschulen von Windsberg und Winzeln zusammengelegt wurde. 1972 erfolgte die Bildung der “Grundschule Gersbach-Windsberg”, 1977 verschmolz diese neue Schule mit der Winzler Grundschule dann zum neuen Schulbezirk “Grundschule Gersbach-Windsberg-Winzeln”. Während in Windsberg inzwischen keine Schule mehr existiert, werden in Gersbach die ersten und zweiten Klassen, in Winzeln die dritten und vierten Klassen unterrichtet. Mit der Umstrukturierung wurde 1972 auch die Oberstufe der Hauptschule Gersbach aufgelöst, die Schüler fahren heute in die Kirchbergschule, wenn sie nicht in die Realschule oder ein Gymnasium gehen.

 

Zum Abschluss der Gersbacher Schulgeschichte eine Liste der Gersbacher Lehrer vom frühen 19. Jahrhundert bis zur heutigen Zeit, soweit sie bekannt sind. Einen Anspruch auf Vollständigkeit kann die Auflistung nicht erheben, ebenso konnten die genauen Dienstzeiten nicht erforscht werden: Georg Roos, Friedrich Schaefer, Carl Royar, Lehrer Schörry, Karl Trauth, Eugen Münschwander, Lehrer Fuchs, Karl May, Bernhard Geiling, Lehrer Kiefer, Otto Neu, Adolf Rothaar, Erich Schöneberger, Maria Sengel aus Österreich, Lothar Schreck, Annelie Anton, Gerlinde Werner, Walli Roschy, Frau Schwab, Marianne Schindeldecker, Frau Seeger, Christa Brenner, Ruth Lösch. Heute (Schuljahr 1995/96) unterrichten in Gersbach Christoph Heisel, Ingrid Feyock, Christa Eggert, Gabriele Tilly, während sich Ingeborg Clemenz in Mutterschaftsurlaub befindet.

 

Quellen:

Theodor Gümbel, “Geschichte des Fürstentums Pfalz-Veldenz”, Kapitel XII, Kaiserslautern, 1900

Wolfgang Kurz, “Die Schulen im Gräfensteiner Amt”, in: “750 Jahre Gräfensteiner Land”, Rodalben, 1987

Stadtarchiv Pirmasens

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