Kapitel 11
Gewerbe/Handel/Handwerk/Industrie
- a) Vom Bäcker, Metzger, Krämer und Wirt
Von Karoline Hoffmann
Alte Handwerke und Berufe, die für Essen und Trinken in Gersbach sorgen, lassen sich in der Dorfgeschichte weit zurückverfolgen. Bis in das 19. Jahrhundert reichen die Erinnerungen an die Bäckerdynastie Müller zurück, noch weiter die Wirtshauschronik des Dorfes.
Der Bäcker, der Müller heißt, backt seit dem Jahr 1875 für die Gersbacher die “Lickeweck”. Für die Gersbacher Ortschronik hat die Bäckerfamilie Müller ihre eigene Firmengeschichte aufnotiert und zur Verfügung gestellt. Hier ihre Erinnerungen:
“Seit vier Generationen ist die Bäckerei Müller im Familienbesitz. Vorfahr und Gründer des Handwerksbetriebes war Georg Müller, ein Abenteurertyp. Er wurde in Donsieders geboren und wanderte in jungen Jahren in den “Goldenen Westen”, nach Amerika, aus. Dort lernte er auch das Bäckerhandwerk, kehrte aber vor 120 Jahren in die alte Heimat zurück. Allerdings nicht nach Donsieders, sondern nach Gersbach, wo er sich auch niederließ und Brot zu backen begann.
Aus anfänglich noch etwas schüchternen Versuchen entwickelte sich eine Bäckerei, die bald für jeden im Dorf ein Begriff war. Weder der erste Weltkrieg und die folgende Inflationszeit der zwanziger Jahre noch der zweite Weltkrieg konnten dem Unternehmen etwas anhaben: Eisern bissen sich die Müllers auch in schweren Zeiten durch. Georg Müllers Sohn Albert übernahm 1913 die Bäckerei, nachdem er die Meisterprüfung in Kaiserslautern abgelegt hatte. Als Albert 1914 in den Krieg eingezogen wurde, mußten seine Frau und ein Geselle das Geschäft weiterführen. Nach seiner Rückkehr wuchs eine kinderreiche Familie heran: Drei Töchter und vier Söhne gingen aus der Ehe hervor. Drei Söhne lernten Bäcker, der vierte kümmerte sich um die Landwirtschaft, die ein Standbein der Existenz war.
Der zweite Weltkrieg traf die Bäckerfamilie hart: Drei Söhne kehrten aus dem Krieg nicht mehr zurück, nur der älteste Sohn Walter kam 1948 aus der Kriegsgefangenschaft wieder. Er übernahm das elterliche Geschäft, als er die Meisterprüfung absolviert hatte. Walter Müller heiratete 1949 Ida Gruber. Aus der Ehe gingen zwei Söhne, Herbert und Walter, hervor. Frau Ida und die Zwillingsschwester Walter Müllers, Liesel Müller, im Dorf auch heute noch “Lies Tante” genannt, standen zu jeder Zeit tatkräftig hinter dem Betrieb. In den fünfziger Jahren zog die Bäckerei vom “Gäwweleck” hoch an das Denkmal. 1983 ging die Bäckerei in die Hände der beiden Söhne Herbert und Walter über, die beide den Bäckerberuf erlernt haben.
Herbert Müller absolvierte zusätzlich eine Konditorlehre in Tübingen. Nach Gesellenjahren in Konditoreien in Garmisch-Partenkirchen, auf der Insel Mainau und in Saarbrücken legte er 1972 die Meisterprüfung in Stuttgart ab. Danach kehrte er in den elterlichen Betrieb zurück. Sein Bruder Walter hat ebenfalls die Meisterschule in Stuttgart besucht. In den folgenden Jahren hat sich die Bäckerei stetig vergrößert: Heute wird nicht nur im Hauptgeschäft in Gersbach, sondern auch in drei Filialen Brot und Kuchen verkauft. In der Hoffnung, daß die beiden Söhne der Betriebsinhaber in die Fußstapfen ihrer Väter treten, hofft die Familie auf eine fünfte Generation der Bäckerei Müller.”
In der Zeit nach dem Krieg gab es kurzfristig zwei weitere Bäcker im Ort, die Betriebe von Reinhold Matz (1965 bis 1980) und von Bäckermeister Erwin Edrich (1977 bis 1991).
Mit dem wichtigen Beruf des Brand- und Hausmetzgers verbindet sich in Gersbach ein entscheidender Familiennamen: Göttel. Karl Göttel, geboren 1829 in Jettenbach, war Brandmetzger, Presbyter und Landwirt. Fünf Generationen folgten ihrem Stammvater nach: Jakob Göttel, geboren 1853, der zwei Söhne hatte: Jakob Göttel junior, geboren 1891, und Emil Göttel, geboren 1905. Auf Emil Göttel folgten ein Sohn gleichen Namens, geboren 1930, und Gerhard Göttel, geboren 1961. Jakob Göttel junior wiederum eröffnete 1925 am Matzenberg eine Metzgerei, die später in einen Neubau gegenüber dem Denkmal verlegt wurde. Einer seiner beiden Söhne, Kurt Göttel, führte den Betrieb weiter, bis er ihn 1982 an die Metzgerei Höhl verpachtet hat. Daneben lebte und arbeitete Metzgergeselle Oswald Kiefer aus Hettenhausen von 1920 bis 1976 in Gersbach.
Als der Salzhering noch aus dem Faß gefischt wurde
Vergangenheit sind in Gersbach längst die Krämergeschäfte, die sich mit dem Flair der “Tante-Emma-Läden” verbinden lassen. Auch jetzt erinnern sich die alten Gersbacher sicher noch ans “Sandte Spezerei” oder “es Krautworschde”. Einen der ersten Krämerläden im Ort hatte aber am Matzenberg Maria Katharine Weber, geborene Bißbort, die am 15. Dezember 1868 das Licht der Welt erblickte und 1931 gestorben ist, betrieben. Genaue Daten über Anfang und Ende des Geschäftes sind aber unbekannt.
Jakob Georg Sandt hatte seine in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaute Gaststätte bald auf Spezereien erweitert. Schon 1911 war Sohn Gustav gestorben, so dass seine Witwe Philipine und die Tochter Erna, geboren im Jahr 1900, das Geschäft weiterführten. Ich erinnere mich noch heute daran, wie penibel der Krämerladen geführt wurde. Petroleum und Salzheringe im Faß waren außerhalb des eigentlichen Ladens in anderen Gebäuden untergebracht. Für den Verkauf von Salzheringen musste man Zeitungspapier mitbringen, in das die Heringe dann mit einer großen Holzzange gelegt wurde, zum Preis von 20 Pfennigen für drei Fische. 1922 heiratete Tochter Erna den weitgereisten Kaufmann Fritz Krautwurst. Er baute das Geschäft zu einem Kaufhaus um: Alles was nicht auf Lager war, besorgte er schnellstens für seine Kunden. Das Geschäft bestand bis 1968, als es aus Altersgründen aufgegeben wurde.
Auch Anna Theiß, geborene Lehmann, betrieb in der Pirmasenser Straße einen Krämerladen, der etwa 1907/08 gegründet wurde. Mit ihrem Tod am 3. Oktober 1946 wurde auch der Laden aufgelöst. Einen Gemischtwarenhandel hatte ebenfalls Jakob Müller, geboren am 19. Juli 1871 und gestorben am 9. Juni 1955, etwa 1898 bis 1900 eröffnet. Der Laden wurde zwischen 1930 und 1935 aufgegeben. Bis in die siebziger Jahre bestand dagegen das Geschäft von Heinrich Müller in der Pirmasenser Straße, das etwa in den Jahren 1920 bis 1923 eröffnet worden war. “Kolonialwaren, Spirituosen und Drogerie” nannte sich Müllers Laden, der 1930 an Robert Joas verkauft worden ist. Dieser verpachtete das Geschäft später aus Altersgründen, bevor 1975 das Haus verkauft und der Laden endgültig geschlossen wurde.
Weitere Lebensmittelgeschäfte betrieben Erna Walter, Hilde Bauer und Lea Weber. Bis zu Beginn der neunziger Jahre existierte gegenüber der Friedenskirche ein Rewe-Frische-Markt, später in Markant-Mark umbenannt. Alle diese Geschäfte gibt es heute nicht mehr, lediglich ein Schlecker-Drogeriemarkt und ein Getränkemarkt mit Gemüse- und Zeitungsverkauf, Lottostelle und Postagentur in der Breitsitterstraße sind vorhanden.
Schon im 18. Jahrhundert hat es in Gersbach eine Wirtschaft gegeben, wie die Existenz des 1751 im Ort gestorbenen Johann Jakob Knerr, der Leinenweber und Wirt war, beweist. Am 17. März 1795 wird Johann Peter Weber geboren, der später als Land- und Gastwirt erwähnt ist.
Wirtshausbrand am Matzenberg
Erst aber mit Land- und Gastwirt Johann Adam Weber III., geboren am 7. Juli 1849, wird auch der Standort einer Gersbacher Wirtschaft bekannt: Sein Gasthaus stand am Matzenberg. 1868 brannte die Wirtschaft bis auf die Grundmauern ab, nachdem die Tochter des Wirtes “gezündelt” hatte. Nachdem die Brandversicherung jedoch gezahlt hatte, wurde das Gebäude wieder aufgebaut, existiert jedoch seit diesem Zeitpunkt nur noch als Wohnhaus.
Georg Jakob Sandt bekam von seinem Vater eine Gastwirtschaft als Ausgleich für die Maschinenfabrik, die sein Bruder aufbaute, errichtet. Das Baujahr ist unbekannt, aber schon seit 1888 wurden darin Parkbräu und Bürgerbräu ausgeschenkt. Sohn Gustav, geboren 1875, übernahm später die Wirtschaft, starb aber schon 1911. Seine Witwe verpachtete die Wirtschaft noch im gleichen Jahr. Seit dieser Zeit ist das Gasthaus schon in fremder Hand, lebt aber als “Alte Wirtschaft Sandt” bis heute im Dorf fort.
Eine lange Geschichte hat auch das Gasthaus Mörschel, wann es aber gegründet wurde, ist nicht genau nachzuvollziehen. Die Chronik der Gastwirtschaft ist aber mündlich überliefert, wobei davon die Rede ist, daß Vorfahren von Franz Klag und Jakob Mörschel das Gasthaus gegründet haben. Georg Süß, geboren 1838, betrieb später die Wirtschaft. Seine Frau Margarete Weber war die Enkeltochter von Georg Jakob Mörschel, geboren 1814. Wer Nachfolger als Wirt wurde, ist unbekannt. Seit 1. Januar 1903 bezog August Mörschel, geboren 1870, Bier von der Bürgerbräu aus Pirmasens. Wann er die Wirtschaft kaufte, kann nicht in Erfahrung gebracht werden. Ab 1. Dezember 1930 ist das Gasthaus verpachtet worden. Am 8. Juli 1953 kaufte Heinrich Seebald von den “Erben Mörschel” die Gastwirtschaft, die er schon seit 1939 gepachtet hatte. Er gab ihr den Namen “Zur Linde”. Ab 1. Mai 1964 hatte auch er sie in andere Hände gegeben: Es gab im Laufe der Jahre gleich fünf Lindenwirte und Lindewirtinnen. Im Dezember 1970 wurde das Wirtshaus an Liesel Schott-Drews und Max Drews verkauft. 1978 wurde Ulrike Hase Lindenwirtin, 1980 Gustav Höh, im Jahr 1984 kam dann das endgültige Ende für die Gastwirtschaft. Das Gebäude wurde von den Gebrüdern Meinhold erworben, die es zu einem Wohnhaus umbauten.
Alber Däther baute Anfang der fünfziger Jahre ein Café. Anfangs betrieb er es selbst, später war es verpachtet. 1965 wurde das Gebäude verkauft und zum Wohnhaus umfunktioniert.
- b) Handwerk, Handel und Gewerbe
Von Karoline Hoffmann
Handwerk hat auch in Gersbach Tradition. Lang ist die Liste aller Handwerksbetriebe, Handels- und Gewerbeunternehmen, die in den vergangenen Jahrzehnten entstanden sind. Karoline Hoffmann, genannt “Line” Hofmann, hat mit ihren 82 Lebensjahren nicht nur viele Erinnerungen an Handwerk, Handel und Gewerbe aus sieben Jahrzehnten, sie hat nach langen und mühsamen Recherchen eine Liste der Gersbacher Handwerks- und Gewerbebetriebe zusammengestellt. Diese Auflistung lässt sich, ihres Umfangs wegen, nicht in ihrer vollen Länge veröffentlichen, aber die wichtigsten Berufe, die Namen und die Gründung oder Ansiedlung von Unternehmen werden in der Folge genannt. Eingangs muss aber eines gesagt werden: Im “Dorf der Weber und Ackerer” war in den letzten 200 Jahren kein “Weber” zu finden, lediglich im Sippenbuch wird um 1733 der Leinenweber und Wirt Johann Jakob Knerr genannt.
Der Dorfschmied ist das älteste Gewerbe in Gersbach. Es ist zu vermuten, daß die Vorfahren des 1840 geborenen Jakob Weber, genannt “Schmieds”, schon seit zwei bis drei Generationen in Gersbach ansässig gewesen sind, etwa ab 1750.
Die bekanntesten Gersbacher Schmiede sind die Nachfahren des 1806 in Rimschweiler geborenen Georg Sandt. Sein Sohn Jakob war der Begründer der Maschinenfabrik Sandt im Jahr 1867, die etwa sechs Jahre später nach Pirmasens verlegt wurde. Drei Gesellen aus der Sandtschen Schmiede, Jakob Theis, Friedrich Maas und Friedrich Rupp wurden im Dorf seßhaft und eröffneten zwischen 1880 und 1910 eigene Schmiede- und Schlosserwerkstätten. 1922 ist Ernst Schäfer aus Mittelbrunn als Schmiedegeselle nach Gersbach gekommen, wo er 1927 seinen eigenen Betrieb eröffnete. Er übergab seine Werkstatt nach dem Krieg 1946 an Friedrich Knörzer, dessen Sohn Bernd Knörzer heute den inzwischen entstandenen Metallbaubetrieb mit 25 Beschäftigten weiterführt.
Schreiner Peter Schmidt – wir hören von ihm in der Aussiedlergeschichte von Erneste Fuhrmann-Stone – lebte etwa von 1840 bis 1900 in Gersbach. Einer seiner Söhne, Ferdinand, übernahm den Betrieb um die Jahrhundertwende. In der dritten Generation gab Ferdinand junior die Schreinerei 1948 auf. Auch die 1929 gegründete Schreinerei von Albert Däther stellt Anfang der sechziger Jahre den Betrieb ein. Um die gleiche Zeit wird der Betrieb “Schreinerei und Möbelbau Lehmann” gegründet, der heute unter Regie von Udo Lehmann weiterexistiert. Der seit 2. Januar 1995 von Markus Braun, Tischlermeister und Restaurator, geführte Betrieb eröffnete dessen Vater Hans Braun im Jahr 1963 in Pirmasens, bevor er ihn später nach Gersbach verlegte.
Der Wagner Jakob Weber dürfte seinen Handwerksbetrieb um 1850 gegründet haben. Sein Sohn Otto Weber führte die Wagnerei ab 1910. Im Jahr 1932 stirbt Weber. Ihm folgen die Wagner Adolf Schwarz und Albert Schäfer.
Der Schneider Adam Schäfer dürfte um die Jahrhundertwende aus Oberauerbach gekommen sein. Er stirbt 1941. Um die Zeit der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert haben sich viele Gersbacher Frauen als Schneiderin im Gewerberegister eintragen lassen. Drei Jahre lang gab es im Ort auch einen Kürschner: August Dietrich war von 1946 bis 1949 tätig. Die in Dietrichingen geborene Schuhmacher Heinrich und Ludwig Schmidt “besohlten” die Gersbacher ab etwa 1875 bis in die späten 30iger Jahre.
Sattler, Polsterer und Tapezierer August Weber arbeitete von 1920 bis 1950 in Gersbach. Sein Nachfolger Adam Frey, gab seinen Beruf 1989 aus Altergründen auf.
Vom Barbier und dem Friseursalon
Der Barbier und Friseur Heinrich Haag rasierte die Gersbacher bis 1936, indem er von Haus zu Haus zog und sein Gewerbe ausübte. Erwin Zorzi gründete sein Friseurgeschäft im Jahr 1932, das er in den fünfziger Jahren von der “Hohlgaß” an das Denkmal in einen Neubau verlegte. Er übergab es im Jahre 1975 seiner Tochter Hannelore Krebs. Otto Schäfer, Friseur und Forstarbeiter, lebte von 1937 bis 1987 im Ort, wo er zeitweise auch ein Geschäft betrieb. Gertrud Kissmann führte ihren Friseursalon von 1960 bis 1991. Seit dem Jahr 1987 “macht” Friseurmeister Gerd Schmitt den Gersbachern “die Haare”.
Elektriker Philipp Becker hatte alle Gersbacher an der langen Leitung: 1921 kam er mit der Firma BBC, die das Gersbacher Ortsnetz errichtete, in das Dorf. Die von ihm 1928 gegründete Firma Elektro Becker betreute das Stromnetz bis zum Jahr 1972. Philipps Söhne Edgar und Ernst führten das Geschäft zunächst weiter, später schied Edgar Becker aus, so daß das Geschäft bis heute in Besitz von Ernst Becker ist. 1978 gründete Joseph Burger eine Firma für elektrische Schalt- und Industrieanlagen. Helmut Bertsche, seit 1984 Elektromeister, hat sein Geschäft in der Denkmalstraße.
Der Maler und Tüncher Heinrich Sprau aus Rieschweiler arbeitete von 1892 bis 1922 in Gersbach. Ihm folgte 1929/30 Max Greiner senior, der sein Geschäft 1965 an seinen Sohn übergab. Heute werden von ihm auch Autos lackiert. Emil Scheib hatte seinen Malerbetrieb von 1974 bis 1992.
Mit dem Bau verbunden sind Dachdecker Robert Elig (seit 1971), Heizungsbauer Claus Schindeldecker, die Isolierer Josef Rhode (seit 1987) und Zahler GmbH (seit 1985), die Steinmetze Hussung und Schmidt (von 1954 bis 1974), deren Geschäft von 1974 bis 1991 von Emil Süß übernommen worden war, und die “Maurer” DWB Wohnungsbau (seit 1993) und Werner Thoretz (seit 1995).
Auch rund ums Auto hat sich in Gersbach das Handwerk im Laufe der Jahrzehnte weiterentwickelt. Seit 1965 gibt es die Kraftfahrzeugwerkstatt und den Autohandel von Joachim Gronow, der zwischendurch auch einmal eine Tankstelle betrieben hatte, und seit 1966 repariert Wolfgang Kadner Autos. Außerdem gibt es die Karosseriebauer Peter Zacher, der 1966 angefangen hat und heute im Gewerbegebiet an der Rotmühlstraße zu finden ist, und Karl-Heinz Widmann (seit 1983). Im Jahr 1995 hat in der Windsberger Straße Friedrich Schellenbaum seinen Autoan- und -verkauf sowie Reifendienst eröffnet.
Im Gewerbegebiet in der Eichelsbacher Straße hegt und pflegt die Gärtnerei Drumm ihre Pflanzen und am Westring versorgt das Blumenhaus Wagner die Gersbacher mit frischen Blumen. Von Ende der siebziger Jahre bis 1983 gab es auch das Blumenhaus und Blumengroßhandel Pein im Ort.
Vom Viehhändler und vom landwirtschaftlichen Konsumverein
Nicht vergessen werden darf der Handel, angefangen beim Viehhändler Karl Wagner, über Kohlenhändler bis hin zu den Genossenschaften, wobei es in Gersbach schon vor dem zweiten Weltkrieg einen landwirtschaftlichen Konsumverein gegeben hat. Auch von einer Spar- und Darlehenskasse gibt es Nachweise. Nach dem Krieg hat bis in die neunziger Jahre die Raiffeisenbank in der heutigen oberen Windsberger Straße eine Zweigstelle betrieben. Inzwischen existiert nur noch die Zweigstelle der Kreissparkasse in der Breitsitterstraße, die in den achtziger Jahren eröffnet worden ist.
Von April 1972 bis zum Juni 1973 wurde an der Rotmühlstraße das Gewerbegebiet “Hooriger Wald” erschlossen, in dem sich auch einige Industrie- und Gewerbebetriebe angesiedelt haben. Größter Arbeitgeber in Gersbach ist heute das kunststoffverarbeitende Unternehmen Regra, das 1980 in den Ort gekommen ist, mit seinen 90 Beschäftigten. Sieben Mitarbeiter hat der chemische Betrieb (Klebstoffe, Farben, etc) Siema, der schon seit 1974 in dem Gewerbegebiet produziert. Neben dem Transportunternehmer Schellenbaum haben sich im Gewerbegebiet noch die Firma Zwaans, die in der Schuhmaschinenbranche tätig ist, und das Betonwerk Dittmar mit seinen 15 Beschäftigten, das 1959 gegründet und 1962 nach Gersbach gezogen ist, angesiedelt.
- c) Die Schuhindustrie in Gersbach
Von Lothar Moog
Nicht nur in der Stadt Pirmasens wurden Schuhe produziert: Bereits um das Jahr 1910 begannen die ersten Pioniere der Schuhindustrie, sich auch in Gersbach niederzulassen. Auf 1907 sind Aufnahmen der ersten Belegschaft der Schuhfabrik August Ziliox datiert. Die frühen “Schuhfabrikanten” verdienten ihren Lebensunterhalt mit der Herstellung von Schuhwaren, zuerst in Kellern in handwerklicher Fertigung, danach in größerem Rahmen mit Hilfe von Maschinen.
1928 stellte die Firma Jakob Schmidt (Herrenschuhe) als erster Schuhhersteller in Gersbach die bereits seit 1911 bestehende handwerkliche Fertigung von Schuhen auf mechanische Fabrikation um.
Kurze Zeit darauf folgten Neugründungen verschiedener Schuhfabriken:
Friedrich Hildenbrand (1918 gegründet; orthopädische Damenschuhe)
Heinrich Moog (1930 in Pirmasens gegründet, 1933 nach Gersbach gezogen; zunächst
Damensportschuhe, später Kinder- und Jugendschuhe)
Jakob Hildenbrand (“Palatia-Schuhfabrik” 1930 gegründet)
Korb und Schmidt (1932 von Fritz Korb und Otto Schmidt gegründet, 1962 an Erich
Schweitzer verpachtet; Kinderschuhe)
Heinrich Ziegler
Hugo Sprau (1936 gegründet; Kinderschuhe)
Walter Sprau (1949 gegründet als “Goldspatz-Schuhfabrik; Kinderschuhe)
Eisenmann
Fritz Bohrer
- Huber
Von 1950 bis 1980 war die Blütezeit der heimischen Schuhindustrie. Tag für Tag wurden Tausende von Schuhen aus der Region Pirmasens in alle Welt verschickt. Auch Gersbach profitierte von diesen Jahren des Aufschwungs: Bald reichten die Arbeitskräfte nicht mehr aus. Pendler aus Windsberg, Winzeln, ja selbst von Pirmasens kamen jeden Morgen mit dem Bus, Fahrrad, dem eigenen Auto oder gar zu Fuß zur Arbeitsstätte. Die Gersbacher Fabriken erreichten erstaunliche Größen, so waren etwa in der Schuhfabrik Moog in den sechziger Jahren 50 bis 60 Mitarbeiter beschäftigt, in der Palatia 120 Beschäftigte (1963) und bei Jakob Schmidt 85 Mitarbeiter (1963).
Die “Pressante” für den Nachtexpress
In diesen Jahren versahen fleißige Männer und Frauen voller Stolz ihre Arbeit in den Schuhunternehmen. Bis tief in die Nacht hinein waren oft die Fabriken beleuchtet, man fabrizierte noch “Pressante”, die mit dem letzten Expreßzug nach Mitternacht verschickt wurden. Man war noch eine verschworene Gemeinschaft: Der “Chef” oder der “Mäschder” hatten das Sagen und die Schuharbeiter sprachen von “ihrem Betrieb”. “Der blaue Montag” war in Gersbach nicht bekannt, alles ging seinen geregelten dörflichen Gang.
Sicher erinnern sich noch die älteren Gersbacher, wie zur Gründerzeit jeden Nachmittag die Zuschneid- und Zwickerlehrlinge mit ihren Leiterwägelchen mit waghalsig aufgebauten Paketladungen zur Post fuhren, manchmal sollen auch regelrechte Wagenrennen stattgefunden haben. Man brüstete sich, die größte Fuhre abgeladen zu haben, erlebte aber auch traurige Momente, wenn die gleichen Schusterbuben Retouren abholen mussten: Man freute sich und litt mit “seinem” Betrieb.
Für Gersbach war diese Zeit auch ein Teil des Wirtschaftswunders nach dem zweiten Weltkrieg, der aber nur bis in die siebziger Jahre anhielt: Internationale Konkurrenz aus Italien, Spanien, Portugal, aus den Ostblockländern und aus Ostasien überschwemmte den deutschen Markt mit billigen Importschuhen. Diesem Druck war auch die heimische Industrie nicht gewachsen. Heute ist von der Gersbacher Schuhindustrie nichts mehr übriggeblieben: Alle Betriebe haben nach und nach die Tore geschlossen.
Quelle: Facharbeit Susanne Moog, 1. Juli 1979
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