Kapitel 12 – Die Post in Gersbach

Kapitel 12

 

Die Post in Gersbach

 

Von Walter Müller

 

Die Gersbacher Postgeschichte beginnt im Jahr 1816, denn bis zu diesem Jahr kann die Arbeit der Post zurückverfolgt werden. Frühere Aufzeichnungen sind nach heutiger Kenntnis nicht vorhanden.

 

Bis zum 30. April 1816 existierte eine Gelegenheitspost durch Kaufleute, die bei ihren Besuchen in Gersbach Briefe und Pakete mitbrachten oder in andere Orte mitnahmen. Erst ab dem 1. Mai 1816 wurde eine wirkliche Postversorgung eingerichtet, indem die Post durch die Kantonspost des Landratsamtes zunächst zweimal, später dann dreimal wöchentlich besorgt wurde.

 

Ab dem 1. Oktober 1858 wurde Gersbach vom Postamt Pirmasens betreut. Bei Adam Bohrer wurde am 11. Februar 1899 eine erste Posthilfsstelle im Dorf eingerichtet. Im gleichen Jahr wurde eine weitere Postdienstleistung, eine entscheidende technische Neuerung in Gersbach eingeführt: Mit dem 1. Juli 1899 nahm eine gemeindliche öffentliche Telefonstelle bei August Mörschel die Arbeit auf.

 

Schon im Jahr 1901 begannen in Gersbach erste Bemühungen, eine eigene Postagentur ins Dorf zu holen. Der Winzler Bürgermeister – Gersbach gehörte zu jener Zeit zum Bürgermeisteramt des Nachbarortes – hatte, im Auftrag des Gersbacher Gemeinderates, beim “Königlichen Ober-Post-Amt für die Pfalz” angefragt, ob im Ort eine Postagentur eröffnet werden könne. Am 25. November des gleichen Jahres lehnte das “Ober-Post-Amt” schriftlich das Ersuchen ab, weil die bestehende Posthilfsstelle für den “mäßigen Postverkehr” des Dorfes genüge. Erst sechs Jahre später, am 18. September 1907, genehmigte die “Königliche Oberpostdirektion” die Einrichtung einer solchen Postagentur, deren Zustellbezirk auf den Postort selbst beschränkt blieb. Sie wurde am 5. Oktober beim Postagenten Adam Bohrer eröffnet.

 

Ab dem 11. Juli 1903 bestand eine mit dem Postdienst vereinigte Telegraphenanstalt. Schon am 4. November 1902 hatte das “Königliche Ober-Post-Amt für die Pfalz” eine Genehmigung für die Erweiterung der öffentlichen Telefonstelle zu dieser öffentlich zugänglichen Telegrafenanstalt gegeben.

 

In den Jahren von 1898 bis 1928 beförderte die Postkutsche Briefe und Pakete auf der Strecke Pirmasens-Winzeln-Gersbach-Windsberg. Postkutscher Friedrich Krebs war auf dieser Strecke 30 Jahre unterwegs, bevor sie am 22. Januar 1928 von der neu eröffneten Kraftpostlinie Pirmasens-Winzeln-Gersbach abgelöst wurde.

 

Die Schuhindustrie erlebte zu dieser Zeit auch im Ort einen gewaltigen Aufschwung, der sich gerade bei der Gersbach Post bemerkbar machte. Hunderte von Schuhpaketen wurden beim damaligen Postagenten Adam Bohrer eingeliefert. Der lange Hausflur war Lagerplatz, bis am Abend der Omnibus kam. Dann mussten die Pakete auf das Dach des Busses geworfen werden, was eine schwere Arbeit für den Postagenten war. Auch bei seinen Nachfolgern, zunächst Robert Joas und danach Jakob Leibrock, standen täglich bis zu 9oo Paketen zum Abtransport bereit.

 

Als später der Omnibus die vielen Pakete nicht mehr aufnehmen konnte, setzte das Postamt Pirmasens einen Paketwagen zum Transport ein. Irgendwann wurde für die heimischen Schuhfabriken die Wartezeit am Postschalter zu lang, so dass die Post auch Selbstbucher einführte: Firmen bekamen Nummern, versehen mit den Firmennamen, und die Pakete wurden dann ab Fabrik abgeholt. Diese Handhabung erfolgte jedoch nur in großen Firmen.

 

Am 1. Oktober 1951 wurde Walter Müller zum Posthalter vereidigt. Knapp 16 Jahre später, ab 1. August 1967, wurde die Poststelle vergrößert. Die Wochenstunden mussten erhöht werden und die “Punktzahlen” des Verkaufs an Wertzeichen, Invalidenmarken, Fahrkarten, das Einziehen von Rundfunk- und Zeitungsgebühren und das Ausstellen von Postsparbüchern stiegen ständig. Die Wochenstunden wurden auf 56 erhöht und die Poststelle war nahe daran, ein Zweigpostamt zu werden. 1972 wurde auch eine beschusssichere Schalteranlage eingebaut.

 

Ab 3. September1973 übernahm das Postamt Pirmasens die Zustellung unter der neuen Bezeichnung “Annahmepoststelle 1, 6780 Pirmasens 22”. Die “Punktzahlen” und Wochenstunden wurden wieder verringert. Den Fahrkahrtenverkauf gab die Post in private  Hände, ebenso das Zeitungsgeschäft. Rundfunk- und Fernseheinzug übernahm die GEZ in Köln. Bei der nächsten Überprüfung der Post ließen die “Punktzahlen” die Wochenstunden schon von 56 auf 40 sinken.

 

Nach der Pensionierung von Walter Müller wurde 1983  Marga Diemer seine Nachfolgerin für die Postannahmestelle. Ihre Wochenstunden wurden auf 26 herabgesetzt. Nachdem sie sich wegen persönlicher Gründe auf unbestimmte Zeit beurlauben ließ, betreute ihre Nachfolgerin Petra Holland-Cunz die Gersbacher Poststelle. Ihre Beschäftigungszeit wurde zunächst auf 22 Wochenstunden reduziert, später nochmals auf 17,5 Wochenstunden gekürzt.

 

Am 1. August1995 endete die Geschichte der eigenen Gersbacher Poststelle: Sie wurde aufgelöst und in eine Postagentur, die in einem Getränkeshop untergebracht ist, umgewandelt.