Kapitel 15
Die Gersbacher Mehrzweckhalle
Von Guido Glöckner
Mit der Einweihung der neuen Mehrzweckhalle erfüllen sich die Gersbacher einen Wunschtraum: Seit mehr als 25 Jahren wird von diesem “Jahrhundertprojekt” in dem Pirmasenser Vorort gesprochen, seit 13 Jahren von der Fördergemeinschaft konkret vorangetrieben und seit drei Jahren gebaut.
Die konkrete Vorgeschichte der Gersbacher Mehrzweckhalle beginnt eigentlich schon mit der Eingemeindung des Ortes in die Stadt. 1972 formulierte der damalige Bürgermeister Armin Bähr für die Gersbacher – neben vielen anderen Wünschen und Anliegen – die Forderung, dass eine eigene Dorfhalle, die Vereinen, Organisationen und Privatpersonen für ihre Veranstaltungen ein zeitgemäßes Domizil gibt, von der Stadt gebaut werden soll. Im Eingemeindungsvertrag vom 10. April 1972 verpflichtete sich die Stadt dann auch, zu überprüfen, ob eine solche Halle realisiert werden kann.
“Alle Gersbacher unter einem Dach”
Mehr als zehn Jahre verbrachte die Idee der Gemeinschaftshalle für alle Gersbacher im “Dornröschenschlaf”, erst 1983 wurde sie daraus geweckt. Einige Gersbacher griffen auf die früheren Überlegungen zurück, erinnert sich der Vereinsvorsitzende der Fördergemeinschaft Mehrzweckhalle, Helmut Schmidt: Die Halle war wohl auch die Gersbacher Forderung aus der Eingemeindungszeit, die sich noch am besten nach all den Jahren realisieren ließ. Die Hallenpläne hatten aber auch mit dem Zeitgeist zu tun, glaubt Schmidt, denn zu Beginn der achtziger Jahre bauten viele Gemeinden für ihre Bürger Hallen oder Dorfgemeinschaftshäuser.
Worin genau auch die Gründe zu sehen sind, die Bemühungen der Gersbacher bündelten sich jedenfalls in einer Vereinsgründung: Am 25. November 1983 riefen 43 Gersbacher Bürger unter dem Motto “Alle Gersbacher unter einem Dach” die “Fördergemeinschaft Mehrzweckhalle Gersbach e.V.” ins Leben. An diesem Tag beginnt auch die eigentliche, die zielgerichtete Vorgeschichte der Halle, handelte es sich doch nun nicht mehr nur um Wunschdenken, um eine Träumerei oder Utopie der Gersbacher, sondern um eine konkrete Planung und Konzeption, die gleichzeitig das einzige Vereinsziel war: eine Mehrzweckhalle in Gersbach zu bauen.
Aber nicht nur der Verein, auch die Ortspolitik und die Bevölkerung standen hinter den Hallenplänen, wie ein Jahr später der damalige Ortsvorsteher Helmut Weber in einem Zeitungsinterview anlässlich seiner Wiederwahl erklärte. “… an erster Stelle unserer Wunschliste steht immer noch der Bau einer Mehrzweckhalle, für die schon einige mündliche Zusagen von Seiten der Stadt vorliegen. Die Gersbacher Bevölkerung steht nach wie vor hinter dieser Idee, deshalb werden wir den Plan im Ortsbeirat konsequent weiterverfolgen”, kündigte Weber am 3. Oktober 1984 an. Er begründete den Wunsch nach der Mehrzweckhalle mit der Platznot der 14 örtlichen Vereine, die sich besonders bei größeren Veranstaltungen schwer täten.
Trotz dieser Einigkeit in Gersbach war der Hallenbau noch nicht so schnell zu verwirklichen, nur mühsam kam das Projekt voran, immer wieder angetrieben vom Förderverein mit seinen rund 100 Mitgliedern – Helmut Schmidt: “Zu 90 Prozent eingesessene Gersbacher” – und durch den damaligen Oberbürgermeister Karl Rheinwalt. Der Vereinsvorsitzende bekräftigt auch heute immer wieder, dass es nur der Aufgeschlossenheit des damaligen Stadtoberhauptes zu verdanken sei, dass die Hallenpläne nicht schon frühzeitig fallengelassen wurden: “Er war der Förderer des Hallenprojekts”.
Das Hallenprojekt muss “abgespeckt” werden
Angesichts der zähen Fortschritte hielt die Fördergemeinschaft Verein und Projekt am Leben, indem selbst Pläne geschmiedet wurden: Helmut Schmidt besichtigte reihenweise Hallen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und sogar Bayern, die er später immer wieder den Vereinsmitgliedern vorstellte. Die Bemühungen der Fördergemeinschaft gipfelten 1988 in Bauplänen, die der Verein von einem auf diesem Sektor bewährten Architekten erstellen ließ. Sie wurden sogar die Grundlage der weiteren Hallenkonzeption der Stadtverwaltung, auch wenn sie nicht in ihrer ursprünglichen Form zum Tragen kamen. Helmut Schmidt: “Natürlich waren diese Pläne zu aufwendig für die hiesigen Verhältnisse, aber es war eine Diskussionsgrundlage geschaffen worden.”
Wieder mussten einige Jahre überbrückt werden, bevor ein weiterer Meilenstein der Hallengeschichte erreicht war. Nach vielen problematischen Verhandlungen gelang es der Stadtverwaltung 1991, ein 13.000 Quadratmeter großes Gelände für das Bauprojekt bereitzustellen. Jahre hatte es gedauert, bis sich der von Schmidt besonders hervorgehobene Einsatz des Liegenschaftsamtes gelohnt hatte und das Gelände angekauft worden war.
Ein Jahr später begann die eigentliche “heiße Phase” des Hallenprojekts, als erste Detailplanungen erstellt wurden. Angesichts der beginnenden Rezession und der finanziellen Probleme der Stadt Pirmasens mussten manche Hoffnungen der Gersbacher Hallenbefürworter begraben werden, aus dem Mehrzweckgebäude mit Halle und Gastwirtschaft wurde lediglich noch eine Sporthalle mit Nebenräumen – nicht zuletzt auch wegen der Zuschussbedingungen des Landes.
Die Gersbacher Halle wird Pirmasenser Politikum
1993 wurde zum ereignisreichsten Jahr in der Hallenplanung: Im März stellten der jetzige Ortsvorsteher Walter Müller und der damalige Oberbürgermeister Karl Rheinwalt konkrete Pläne für die Mehrzweckhalle vor. Zwar hatte die Fördergemeinschaft ihre Ursprungskonzeption, die Baukosten von 5,78 Millionen Mark verursacht hätte, inzwischen aufgeben müssen, aber das Stadtoberhaupt ließ keinen Zweifel daran, dass die “abgespeckte” Hallenversion für rund 3,6 Millionen Mark endgültig verwirklicht werden sollte. Dem Rotstift fielen eine eigene Gastwirtschaft und ein fester Bühnenanbau zum Opfer, außerdem wurde die Halle auf jeder Seite rund zwei Meter schmäler, hat aber immer noch die Ausmaße eines Handballfeldes (31,6 mal 18 Meter). Drei Millionen Mark sollte die eigentliche Halle kosten, 300.000 Mark die Zufahrtsstraße und noch einmal 300.000 Mark die Außenanlage. Ortsvorsteher Walter Müller wies erste kritische Stimmen in der Stadt, es handele sich um einen Prestigebau, zurück: “Die Halle ist kein Luxus für Gersbach, sondern eine Notwendigkeit für unsere Bürger und Vereine.”
Nach diesem erfreulichen Auftakt stand im Jahr 1993 aber noch die große Bewährungsprobe für die Hallenpläne bevor, denn das Projekt wurde zu einem Politikum in der Stadt Pirmasens. Nachdem im Mai der Ortsbeirat eine einstimmige Resolution verabschiedet hatte, endlich mit dem Hallenbau zu beginnen, stand im Juni die Entscheidung des Stadtrates an. Besonders die Opposition wandte sich damals gegen das Bauvorhaben, das ihrer Meinung nach angesichts leerer Stadtkassen nicht mehr in die heutige Zeit passen würde. Kritisiert wurde von dieser Seite auch, dass damit Gersbach gegenüber anderen Vororten stärker gefördert werde, selbst von “parteitaktischen Gründen” der SPD-Mehrheit im Stadtrat sprach die Opposition. Schließlich wurde auch auf die hohen Folgekosten – von 405.000 Mark jährlich war die Rede – aufmerksam gemacht. Dagegen sah die SPD-Mehrheitsfraktion die Hallenplanung als das notwendige Mindestmaß dessen, was für Gersbach getan werden müsse, an. Der damalige Oberbürgermeister Karl Rheinwalt erinnerte auch daran, dass die Halle nicht nur den Vereinen und dem Schulsport dienen, sondern einmal der neue Ortsmittelpunkt werden solle: Mehrheitlich stimmte der Stadtrat schließlich der Hallenplanung zu.
Der erste Spatenstich am 16. November 1993
Damit war das letzte Hindernis beseitigt, der Hallenbau konnte beginnen. Nun ging es auch Schlag auf Schlag: Hatte der Stadtrat am 7. Juni 1993 die Mehrzweckhalle befürwortet, wurden schon zu Beginn des Novembers vom Hauptausschuss der Stadt die Rohbauarbeiten mit einem Volumen von 1,1 Millionen Mark vergeben. Am 16. November fand der erste Spatenstich auf dem Gelände unterhalb des Kindergartens statt, auf dem die rund 3,6 Millionen Mark teure Halle – 1,75 Millionen Mark hat das Land dazugegeben, 60.000 Mark der Förderverein – inzwischen entstanden ist.
Auch 1994 hatten die Gersbacher noch lange mit der Kritik an der Halle zu kämpfen, so daß sogar die Jahreshauptversammlung der Fördergemeinschaft im April dieses Jahres zu einer Großkampagne für den Hallenbau genutzt werden musste. Alle Gersbacher Vereine stellten sich gemeinsam mit Ortsvorsteher Walter Müller hinter das “Jahrhundertwerk”, wie es der Fördergemeinschaftsvorsitzende Helmut Schmidt – er steht dem Verein seit der Gründung vor und ist seit 1983 unermüdlicher Motor aller Bemühungen um die Halle – bezeichnete. Gefeiert wurde dann im Herbst, der wieder erfreuliche Nachrichten brachte: Am 21. Oktober war Richtfest in der Halle. Erst am 1. März war der Rohbau begonnen worden, nachdem über Winter das Gelände baureif gemacht und die Zufahrtsstraße angelegt worden waren, kaum acht Monate später stand das Hallengerüst schon.
Diskussion um Park und Parkplätze
War der Hallenbau selbst inzwischen kein Thema mehr, entwickelte sich noch kurz vor dem Jahresende 1994 erneut ein handfester politischer Streit um das Projekt, diesmal ging es um die Außenanlagen. Für 350.000 Mark wollte die Stadtverwaltung eine tolle Parkanlage mit Teich, Brunnen, Wegen, Ruhebänken und einer Brücke gestalten, gleichzeitig aber auf Parkplätze für die Hallenbesucher verzichten – es war kein Geld da. Manche Kommunalpolitiker brachte dieses Konzept in Rage, weil ihnen ein bescheidenerer, da billigerer Park genügen wollte, dafür sollten aber auch einige Parkplätze angelegt werden. Schließlich verlangte der Hauptausschuss des Stadtrates in seiner Sitzung am 19. Dezember 1994 eine Überarbeitung der vorgelegten Pläne und vertagte eine Entscheidung über die Gestaltung der Außenanlage.
1995 kam auch sie unter Dach und Fach, mit kleinem Park und Parkplätzen. Statt Brunnen und Brücke wurde nun mit 83 Stellplätzen, davon 40 wetterfest und 43 nur mit einer Schotterdecke versehen, geplant. So jedenfalls stellte Bürgermeister Josef Krekeler das neue städtische Konzept für die Außenanlagen im Januar 1995 dem Gersbacher Ortsbeirat vor. Dennoch müssen die Gersbacher nun nicht auf den Brunnen verzichten: Ortsvorsteher Walter Müller kündigte schon in dieser Ortsbeiratssitzung an, dass er ihn mit privaten Mitteln finanzieren wolle – was ihm schließlich auch gelungen ist.
Sporthalle, Mehrzweckraum und eine Küche
Wie sieht die Mehrzweckhalle nun aber aus? Kern des Gebäudes ist die eigentliche multifunktionale Halle mit rund 570 Quadratmetern, die für Schul- und Vereinssport ebenso genutzt werden kann wie für Konzerte, Ausstellungen und andere Vereinsveranstaltungen. Ein Linoleum-Schwingboden sorgt bei Spaß und Spiel einmal für eine optimale Lärmdämpfung, schont aber auch durch den weichen Belag die Sportlerbeine. Zum Lärmschutz trägt auch eine spezielle Schallschluckdecke bei. Die große Halle mit den Ausmaßen 31 mal 18,6 Metern kann mit einer fahrbaren Bühne versehen werden. Wenig künstliches Licht ist tagsüber für die Hallennutzung notwendig, da eine breite Fensterfront die Rückseite zum Kindergarten hin beherrscht. Sie müssen allerdings zur Belüftung nicht geöffnet werden, denn dafür sorgt eine moderne Lüftungsanlage.
Direkt an die eigentliche Halle schließen sich einige Geräteräume – unter anderem für die Bühne und Sportgeräte – an, aber auch ein Wirtschaftstrakt ist an der Hallenvorderseite angegliedert. Er ist mit einer Warmhalteküche, einem Kühlraum und einer Thekenanlage ausgerüstet, damit bei Feiern und Festen auch ein Wirtschaftsbetrieb stattfinden kann.
Zur Zufahrtsstraße hin, vom Eingang aus gesehen rechts, ist ein rund 62 Quadratmeter großer Mehrzweckraum eingerichtet worden, der für kleinere Vereinssitzungen oder private Feste gedacht ist. Auch das Foyer, das die beiden Wappen der Stadt Pirmasens und des Vorortes Gersbach zieren, kann für entsprechende Veranstaltungen genutzt werden.
Auf der linken Seite, vom Foyer aus gesehen, befinden sich Umkleidekabinen, Duschen und Sanitärräume für die Sportler. Daran schließt sich ein weiterer Mehrzweckraum an, der für Ortsbeiratssitzungen und die Sprechstunden des Ortsvorstehers genutzt wird.
Zu einer Mischung zwischen Parkanlage und Parkplatz wird das Außengelände vor der Halle, das von einem Teich, der das Regenwasser der Halle auffangen wird, und einer Brunnenanlage bestimmt wird. 40 befestigte und 42 geschotterte Parkplätze sind angelegt worden, wobei diese Fläche aber auch als Kerweplatz dienen soll.
Mit 60.000 Mark ist offiziell im städtischen Haushalt der Finanzierungsanteil der Fördergemeinschaft angegeben, in Wirklichkeit hat der Verein – und damit auch die Gersbacher als Spender – tiefer in die Tasche greifen müssen. “Wenn die Halle fertig ist, haben wir 200.000 Mark hineingesteckt”, rechnet Helmut Schmidt zusammen, denn immer wieder kamen neue Herausforderungen auf den Hallenverein zu: 100.000 Mark hat allein die Küche gekostet, die nicht mit öffentlichen Geldern finanziert werden konnte. Also hat die Fördergemeinschaft wieder hilfreich eingegriffen und dafür gesorgt, dass Vereine, Organisationen und Privatleute auf ihren Veranstaltungen auch für das leibliche Wohl sorgen können.
Wenn in diesem Jahr, 1996, die Halle nun eingeweiht wird, dann liegen 13 Jahre hartnäckiger Ausdauer, unermüdlichen Kampfes und nicht zuletzt aufopfernden Einsatzes hinter der Fördergemeinschaft: Ihre Arbeit ist getan. Völlig soll sie jedoch nicht aus der Ortsgeschichte verschwinden, plant Helmut Schmidt. Er überlegt schon jetzt, in welcher Form eine örtliche Vereinigung die Bürger des Pirmasenser Vorortes in der Mehrzweckhalle zusammenbringen kann. Schließlich hat die Fördergemeinschaft mit dem Motto “Alle Gersbacher unter einem Dach” einmal angefangen.